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Impuls:Hoffnungsbilder

Hoffnung
ich besitze ein Buch von der Traumatherapeutin Luise Reddemann, in dem sie unterschiedliche Übungen darstellt, um sich von traumatischen Bildern zu befreien. Es geht darum, dass der traumatisierte Mensch wieder in die Handlungsfähigkeit kommt, dass die traumatischen Bilder mit guten, hilfreichen Bildern überschrieben werden. Und diese hilfreichen Bilder stellt sie in dem Buch zusammen, erklärt sie und gibt Hilfen, wie man sich diese Bilder aneignen kann
Datum:
9. Dez. 2025
Von:
Beatrix Hillermann

Wieder in eine positive Handlungsfähigkeit zu kommen, darum geht es auch im Advent. Wie kann ich mein Leben darauf ausrichten, dass Gott Mensch wird, d.h. dass er mir in jedem Menschen auch begegnet. Wie kann ich Altes, Lebenzerstörendes hinter mir lassen? Jesaja zeichnet so ein hilfreiches und positives Bild. Die erste Aussage heißt, es wächst etwas Neues, aus dem Baumstumpf kommt ein junger Trieb. Und der Geist des Herrn ruht auf ihm. In der Trauerbegleitung erlebe ich das ganz oft. Da ist dieser Stumpf des alten Lebens, der oft blutet und ganz extrem schmerzt. Und dann wächst, manchmal kaum merklich, ein neuer Spross. Sich zum ersten mal wieder auf etwas freuen, nicht mehr ganz so oft weinen müssen, sich mal wieder verabreden, das sind so kleine Sprosse. Aber die Voraussetzung dafür ist, dass die Menschen wachsen wollen, dass sie sich verändern wollen, dass sie neues Leben suchen. Leben ist Veränderung und ich glaube, auch unserer Kirche ging es besser, wenn sie das wirklich verstanden hätte. Die Zeit des alten Baumes ist schon vorbei, auch wenn der Baumstumpf noch steht. Das gilt nicht nur in der Kirche, sondern für die ganze Gesellschaft. Wenn wir überleben wollen, ist die Zeit der fossilen Brennstoffe unwiederbringlich vorbei, auch die Zeit, in der konsumieren das oberste Ziel war, um die Wirtschaft am Laufen zu halten ist vorbei. Wir brauchen neue, heilsame Bilder von einer gerechten Kreislaufwirtschaft, in der Menschen in allen Ländern gut leben können. Jesaja malt dazu Bilder, Gerechtigkeit ist für ihn ein wichtiges Stichwort und auch Gewaltlosigkeit. Er lässt Tiere miteinander weiden, die sich im realen Leben töten und das ganze Bild von einem kleinen Jungen leiten.

Eine messianische Schau wird dieses Bild von Jesaja genannt. Ja, es ist nicht unsere Realität, aber wenn wir uns gute, lebenssatte Bilder machen, können wir unsere Realität verändern. Zum Verändern ruft auch der Täufer  Johannes im Evangelium auf. Und Johannes wird da zum Teil sehr deutlich. Glaubt nicht, dass es reicht zu sagen, wir sind Kinder Abrahams, sagt er über die damalige vorherrschende Religionsgemeinschaft. Es geht darum Frucht zu bringen. Es geht darum zu einem besseren Leben für alle beizutragen.

Johannes, im Evangelium, greift da auch zur Drohung (wer keine Frucht bringt, wird ins Feuer geworfen) Aus heutiger Sicht würde ich sagen, dass diese Drohungen zeigen, was passiert, wenn wir nicht umsteuern. Die Feuer durch die Hitze des Klimawandels erleben wir fast jeden Sommer irgendwo in Südeuropa oder an anderen Orten der Welt. Zu welchen Katastrophen die Friedlosigkeit und die Machtgier einzelner Menschen führt, zeigt uns schmerzhaft der Krieg in der Ukraine, der schon so viele Jahre die Menschen mit Tod und Elend überzieht.  Es geht um Umkehr aus totbringenden Strukturen und Zusammenhängen. Positive Bilder können uns da Hilfe und Orientierung sein.

Ich bin in den Herbstferien mit zwei Freunden in Leipzig gewesen, die Stadt, von der die friedliche Revolution und schließlich die Deutsche Einheit ausging. In der Nikolaikirche gab der damalige Pfarrer Christian Führer in den 80iger Jahren jungen Menschen Raum um ihre Vision von einem besseren Leben zu formulieren und einzuklagen. Die extreme Umweltverschmutzung und die Repressionen durch den SED Staat wollten die jungen Menschen nicht länger hinnehmen. „Für ein offenes Land mit freien Menschen“ wurde im September 1989 unter den Augen der Westpresse, die zur Leipziger Messe dort war, auf einem Transparent an die Kirche gehangen. Jeden Montag Friedensgebete und anschließend gingen die Menschen auf die Straße. Matthias Müller, Küster der Nikolaikirche und in den 80iger Jahren selber als Jugendlicher dabei, vergleicht im Reiseführer von Anna-Sylvia Goldammer die damalige Situation mit der heutigen: „Keine Gewalt – die Gewaltfreiheit hat für uns damals vieles möglich gemacht. Junge Leute heute erleben teilweise sehr aggressive Demonstrationen. Es gibt Steinwürfe. Da kommt oft die Frage auf, wie habt denn ihr das gemacht? Wenn ich eine Schulklasse hier habe, dann ……spielen wir den 2. Oktober 1989 nach. Ich sage: Stellt euch vor, ihr seid die Bereitschaftspolizisten vor 20 000 Demonstranten. Und die rufen: Keine Gewalt. Kein neues China. Keine Gewalt, gehen ein Stück zurück und hocken sich hin“ oft noch mit Kerzen in den Händen.

Diese jungen Menschen hatten eine Vision, geprägt und unterstützt von biblischen Ideen haben sie Freiheit, Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung eingeklagt und das mit konsequent friedlichen Mitteln. - Die Kerzenrevolution- Mich haben diese Tage in Leipzig sehr beeindruckt, die Gespräche mit Menschen, die diese Zeit dort vor Ort erlebt hatten und die Zeugnisse, die von Mut und einer großen Vision zeugten.

Der Advent will uns mit guten, lebenspendenden Visionen in Kontakt bringen. Ich wünsche Ihnen in Ihrer Lebenssituation ihre ganz persönliche Vision, die sie wieder näher ans Leben führt und schließlich zur menschgewordenen göttlichen Liebe an Weihnachten. 

Zitat aus: Anna-Sylvia Goldammer, DUMONT Reise-Taschenbuch, Ostfildern 2021

Text: Beatrix Hillermann