Impuls März2023

Das Leben fordert Veränderung und Bewegung

Häuserpaar (c) Bild: Christian Schmitt In: Pfarrbriefservice.de
Von:
Beatrix Hillermann

Impuls zu Gen 12, 1-4a und Mt 17,1-9

Mein Schwiegervater hat immer gesagt, nur mit den Füßen zuerst trüge man ihn aus seinem Haus. Er hatte dieses Haus gebaut, es war seins und der Anspruch war, bis zum letzten Atemzug bleibe ich hier.

Im alten Gotteslob gab es unter der Nr. 639 das Lied „Ein Haus voll Glorie schauet weit über alle Land, aus ewgem Stein erbauet aus Gottes Meisterhand.“ Mit diesem Haus war selbstverständlich die Kirche gemeint. Mitten in der Zeit des Kulturkampfs als Bismarck den großen Einfluss der katholischen Kirche in Politik und Gesellschaft zurückdrängen wollte und sich für eine Trennung von Staat und Kirche einsetzte, da machte man sich selber Mut: aus ewgem Stein ist unsere Kirche von Gott selber erbaut.

Dieses Narrativ, Gott selber hat etwas eingesetzt und genauso gestiftet, festgelegt, gebaut etc. , findet man in religiösen Aussagen immer wieder. Was Gott selber festlegt, das kann natürlich nicht geändert werden. Ich habe an diesem Narrativ so meine Zweifel. Und wenn ich in den heutigen Evangeliumstext schaue, bin ich, nach meiner Wahrnehmung, mit diesen Zweifeln nicht alleine. Petrus, Jakobus und Johannes lassen sich von Jesus auf einen hohen Berg führen. Solche Orte zeigen in der Bibel oft die Gottesbegegnung an. Die passiert nämlich nicht im Getriebe und in der Lautstärke der Straßen. Gottesbegegnung passiert oft in der Natur, auf jeden Fall aber in der Stille. Die drei nehmen auf dem Berg ein ganz intensives Leuchten wahr und sie spüren die Nähe ihrer Propheten und religiösen Führer, Mose und Elija werden genannt. Sie spüren, hier ist es gut, hier fühle ich mich sicher, hier möchte ich bleiben (so ähnlich wie mein Schwiegervater in seinem Haus) und dann kommt der Wunsch, lass uns diesen Moment festhalten, lass uns drei Hütten bauen, lass uns diesen Moment im wahrsten Sinne des Wortes in Stein meißeln. Sie hatten diesen Wunsch aber noch nicht ganz ausgesprochen, da wird er ihnen aus der Hand geschlagen. Eine Stimme erscholl aus der Wolke, heißt es im Evangelium. Eine Stimme erscholl….. Das stelle ich mir machtvoll, laut und deutlich vor. Und die Stimme macht deutlich, worum es geht. Ich sage das jetzt mal mit meinen Worten. Es geht nicht darum, sich festzusetzen, es geht nicht darum für immer und ewig Häuser und Kirchen zu bauen, Dogmen aufzustellen, die nicht umgeworfen werden dürfen und Vorschriften zu machen, die scheinbar von Gott selber gegeben sein sollen. Es geht auch für uns nicht darum, sich für immer und ewig einzurichten mit Sätzen wie: „Dieses Haus verlasse ich nicht. Hier bin ich geboren oder ich habe es selber gebaut. Oder, diese Meinung steht bei mir fest, da bewege ich mich kein bischen. Oder, der hat bei mir keine Chance mehr, der ist für mich gestorben.“

Das Evangelium macht deutlich, es geht darum sich immer wieder neu an diesem Jesus von Nazareth auszurichten. Er war ein Wanderer, er war unterwegs, er war nah bei den Menschen. Er fragte die Menschen was brauchst du, was willst du, dass ich dir tue? Und genau das ist unser Auftrag als Kirche und als einzelne, unterwegs zu sein, zu schauen zu hören. Die Bedeutung des Hörens unterstreicht der Evangeliumstext noch einmal: auf ihn (auf Jesus) sollt ihr hören. Es geht darum im Hören sich auch zu verändern, weder die Struktur der Kirche, noch die Gegebenheiten für unser eigenes Leben sind in Stein gemeißelt. Wie deutlich ist bei der Aufarbeitung der Missbrauchskrise immer wieder herausgearbeitet worden, dass das klerikale System der Kirche den geistlichen und sexuellen Missbrauch enorm begünstigt hat. Dennoch gibt es Gläubige und Bischöfe, die das System für unveränderbar halten.

Wieviel alte Menschen sitzen in ihren großen Häusern, die vertraut und ihr eigen sind, obwohl das Leben dort sie mittlerweile überfordert und sie in einer Wohnung im Betreuten Wohnen viel stressfreier und leichter leben könnten. Wieviel Menschen halten an ihren Vorurteilen gegenüber Menschen aus anderen Ländern und Kulturen fest, obwohl wir nur noch gemeinsam eine lebenswerte Zukunft, auch in unserem Land, gestalten können. Leben ist immer Veränderung, auch wenn das manchmal Angst macht, ist die Botschaft des Evangeliums da eindeutig. „Jesus trat zu ihnen und fasste sie an, steht auf und fürchtet euch nicht“ sagt er zu den erschrockenen Jüngern.

Steht auf und fürchtet euch nicht, auch wenn sich das Leben verändert. Wenn ihr die Veränderung nicht selber gestaltet, dann gestaltet sie euch. Das Haus voll Glorie bröckelt, es wird zu Grabeskirchen, Kletterkirchen, Buchläden wie in Maastricht oder zum Digital Hub wie in Aachen. Mein Schwiegervater ist in einem Altenheim bei uns im Rheinland gestorben und nicht in seinem Haus in Westfalen. Das Evangelium ermutigt uns, selber zu gestalten. Intensives Hinhören kann uns dabei helfen. Hören auf die Menschen in unserer Umgebung, auf die Stimme in unserem Inneren, auf Gottes Geist, der in der Stille manchmal deutlich spricht. Die Fastenzeit ist ein hilfreiches Geländer um das Hören und das Verändern und Bewegen immer wieder einzuüben. Damit wir zum Segen werden für uns und unsere Welt.

Beatrix Hillermann